Der katholische Glauben war in Bolivien bis 2009 die offizielle Religion. Dann wurde die neue Verfassung des Staates beschlossen und Bolivien erklärte sich zum religionsunabhängigen Land.
In Zeiten der Kolonialisierung zeigten sich die Spanier komplett intolerant gegenüber dem Glauben der Ureinwohner in Zentral- und Südamerika.
Um die Indianervölker zu evangelisieren, griffen sie zu drastischen Maßnahmen und zerstörten uralte Kulttempel, um an selber Stelle Kirchen zu erbauen. So blieb den amerikanischen Völkern oft nichts anderes übrig, als den christlichen Glauben anzunehmen. Alte Zeremonien und Traditionen führten sie aber trotzdem weiter und so vermischte sich die christliche Religion mit den amerikanischen Glaubensrichtungen. Dieser Synkretismus bestimmt die spirituelle Einstellung der Lateinamerikaner bis heute.
In den Hochanden existieren die zwei Hauptkulturen der Aymara und der Quechua nebeneinander. Beide verbindet der tiefe Glauben an die Mutter Erde "Pachamama".
Als Folge der aufgezwungenen Religion, begannen die Eingeborenene ihre uralten Gottheiten durch die Heiligen zu ersetzten und sie so weiter zu verehren. So gilt die Verehrung der Jungfrau Maria teils bis heute eigentlich der Pachamama. San Bartolome ist für die Indianervölker der Gott Tunupa und Tata Santiago deckt sich mit dem Wettergott Illapa.
Natürlich ist dieses Thema viel facettenreicher. Silvia Riviera deutet auf die große Wahrscheinlichkeit einer einseitigen Überlieferung und Schönung der Geschichte hin. Da die Spanier damals alles zu zerstören versuchten, weiß man heute sehr wenig und ist auf die einzigen existierenden Quellen angewiesen, die wiederum von Spaniern geschrieben wurden. Insgesamt scheint also die Kolonialisierung gerechtfertigt und in das rechte Licht gerückt zu werden.
Gisbert hingegen greift die Aussage San Agustins auf, um den Synkretismus in Südamerika erklären: "für den Spanier im 16. Jahrhundert war es schwer vorstellbar, dass Gott einen solch großen Teil der Menschheit in einer totalen Unkenntnis vom wahren Glauben und somit ohne Mögklichkeit auf Erlösung hinterlässt".
Die Meinungen und Theorien gehen weit auseinander beim Thema Synkretismus. In einem sind sich aber alle einig: In Bolivien und anderen südamerikanischen Ländern hat eine unvorstellbar große Vielfalt an Glaubensrichtungen und Traditionen gemischt mit europäischem Einfluss ein einzigartiges Bild von Kunst, Mysthik, Rythmen und Farben geschaffen.
Quellen: José de Mesa, Teresa Gisbert: HISTORIA DE BOLIVIA; cuarta edición, Editorial Gisbert, La Paz, 2001
Gisbert, Teresa. El paraíso de los pájaros parlantes, 1999. Iconografía y mitos indígenas en el arte, 1994. Rivera, Silvia. Pachacuti: los horizontes históricos del colonialismo interno en violencias encubiertas en Bolivia,1993.