Regenwald
Rurrenabaque
Naturschutzgebiete
Chapare
Geben Sie bitte ihre E-Mail-Adresse ein und bleiben Sie auf dem Laufenden:

     
 
 
Folge Caserita.com auf Twitter
 
   
Caserita.com auf Facebook
   
Gedanken zum Tourismus im bolivianischen Urwald
     
 

Gedanken einer 26-jährigen Belgierin  
Oktober 2010

Das Amazonasgebiet stellte ich mir immer als einen abgelegenen Ort, voll von Abenteuern, Urvölkern mit seltsamenen Bräuchen wie Schrumpfköfen, halb verhungerten Missionären, Untergrundkämpfern und wilden Tieren vor. Eine unzugängliche Welt, in der selbst Abenteurer in Lebensgefahr sind.

Als ich in Bolivien lebte, wurde mir schnell klar, dass es gar nicht so schwer ist, ins Amazonasgebiet zu gelangen. Allerdings enttäuschten mich die Geschichten der Touristen auch ein wenig. Plötzlich schien der Regenwald weniger magisch.

Die Mehrheit der Besucher buchen von der Stadt Rurrenabaque aus Touren und erkundeten so bequem und einfach den Urwald.

Innerhalb von nur knapp 40 Jahren ist diese Stadt an den Toren zum Amazonasgebiet unglaublich gewachsen. Dies liegt hauptsächlich am Tourismus, der sich hier stark entwickelt hatte, nachdem sich 1981 der Israeli Yossi Ghinsberg drei Wochen im Regenwald verirrt hatte. Wie durch ein Wunder überlebte er und machte anschließend mit der Veröffentlichung seines Buches "Das Gesetz des Dschungels" diesen Flecken Erde berühmt. Heute zählt Rurrenabaque 17 000 Einwohner und empfängt jährlich 15 000 Touristen, von denen ein Großteil aus Israel kommt.

Die meisten Besucher buchen Touren bei örtlichen Reisebüros, die dreitägige Ausflüge für umgerechnet 40 Euro pro Person anbieten. In Gruppen von acht Personen fahren die Reiseleiter mit Booten den Fluss hinauf und bieten den Touristen von Wildtieren über Verpflegung bis Unterkunft alles inklusive. 

En face de Rurre, de l'autre coté du fleuve, le département de la Paz

Anfangs zog diese Art von Tourismus einen fatalen Missbrauch von Wildtieren und der Natur mit sich. 

Seit 1995 der Nationalpark Madidi und der Pilon Lajas Park gegründet wurde, wird dem glücklicherweise Einhalt geboten. Auch haben einige Unternehmer begonnen, auf umweltfreundliche Unterkunft und Zusammenarbeit mit Ureinwohnern zu bauen.

Immer mehr setzt sich die Idee der Konservation und des Umweltschutzes in Rurrenabaque durch. Viele Bewohner haben verstanden, dass die imposante Natur der Region das Kapital und Vorraussetzung für den Tourismus ist.

2010 war der Bau einer Brücke mit einer breiten Straße in Planung, die die Stadt durchqueren und sie zu einem Durchgangsort machen sollte. Das Projekt stieß auf viele Gegner, weil eine Riesenstraße den Tourismus gefährden und Holzpiraten begünstigen würde. Die Debatte wird bis heute weiter geführt.

Die Touristen werden nicht nur in den Urwald geführt sondern auch in die sog. Pampas. Das flache Sumpfgebiet bietet den Besuchern einen überwältigenden Reichtum an Wildtieren, die vom Boot aus in unmittelbarer Nähe beobachtet werden können. Rosa Süßwasserdelfine, Kaimane, Piranhas, die Riesennager Kapihuara und unzählige Vogelarten flüchten sich hierher, weil große Teile ihres Lebensraums der Landwirtschaft und Viehzucht zum Opfer gefallen sind.

Für mich verlor der bolivianische Urwald durch diese organisierte Art und Weise des Tourismus an Magie. Ich hoffte weiter auf eine authentische Variante, den Regenwald zu erkunden.

Erst nach einem weiteren Jahr in La Paz, wo ich die Hochanden mit spektakulären Gletschern und kargen Ebenen abgelaufen bin, bot sich mir die Gelegenheit, noch einmal nach Rurre zu fahren. Mein Mitbewohner Carlos, der in der Entwicklung von Tourismus in kleinen Gemeinden arbeitete, lud mich ein.

In Bolivien ist es unmöglich, Tourismus auf Gebiet von alt eingesessenen Gemeinden aufzubauen, ohne die lokale Bevölkerung miteinzubeziehen. Die Mehrheit der Gemeinden ist dem Tourismus gegenüber aufgeschlossen, da er eine gute alternative Einnahmequelle zu illegalen Aktivitäten wie Jagd auf seltene Tiere oder Abholzung bietet sowie die Landflucht verhindert.

Einige Vorzeigeprojekte sind Chalalan und San Miguel de Bala. Der Gemeindentourismus sollte ausgebaut werden, da so die lokalen Menschen Teil des Tourismus werden und nicht, wie externe private Firmen, nur ihren Vorteil suchen.

Im Departamento Beni gibt es drei verschiedene Hauptethnien: die Mostenen, die Tsimanen und die Tacanan. Letztere sind sesshaft und leben von Ackerbau sowie Viehzucht. Der Einfluss der Jesuitenmissionen ist bei ihnen deutlich zu erkennen.

Die Mostenen und Tsimanen hingegen waren bis vor 30 Jahren Jäger und Sammler, die in kleinen versteckten Gruppen zusammenlebten. Heute wohnen sie in großen hübschen Bambushäusern und leben vom Anbau von Mais, Mandioka, Bananen, Kakao, Zuckerrohr und Kokosnuss. Sie züchten keine Nutztiere, sonder bevorzugen die Fischerei.

Da mein Mitbewohner einige Gemeinden besuchen musste, um Diskussionsrunden für seine Forschungen zu organisieren, lud er uns ein, ihn zu begleiten. Natürlich sagten wir sofort zu.

Einige unglückliche Umstände verhinderten dann zwar, dass wir die abgelegene Gemeinden (16 Stunden im Boot von Rurrenabaque) besuchen konnten, aber wir fuhren zu drei Gemeinden, die nur drei Stunden von der Stadt wohnen.

Zuerst besuchten wir Asuncion de Quiquibay am Ufer des gleichnamigen Flusses. Diese Gemeinde bietet Hütten an, um Touristen zu empfangen. Eine kanadische Kooperation baute diese einst und ließ sie dann der Gemeinde zurück. Die Verwaltung scheint uns ein wenig überfordert, aber die Anlage wurde mit Duschen und Toiletten ausgestattet, um den Service zu verbessern.

Letztendlich richteten wir unser Nachtlager in der Schule ein und waren positiv überrascht von der Freundlichkeit der Dorfbewohner. Vor allem die Kinder erklärten uns mit Hingabe die Elektrizität und halfen uns beim Vorbereiten der Schlaflager. In den Tagen unseres Besuchs, ging keines der Kinder zur Schule.

Am Nachmittag unternahmen wir einen Spaziergang unter der Führung eines alten Mannes, der uns die Geräusche des Urwalds zeigte und erklärte. Mehrere Male gelangten wir auf einen Pfad aus umgestürzten Baumstämmen und trotzdem konnte ich das Gefühl nicht abschalten, mich verirrt zu haben.

Gegen die schwüle Hitze holten wir in Asuncion Kokosnüsse von der Palme. Das ist gar nicht so leicht, aber die Einheimischen brachten die Früchte mit einem langen Stab geschickt zum Fall. Vorallem die Kokosmilch ist eine herrliche Erfrischung. Auch das spontane Bad im Fluss Quiquibay half uns zur Abkühlung. Entgegen dem Glauben vieler Touristen halten sich die Piranhas hauptsählich in nicht fließenden Wässern und nur am Ufer auf, wo Pflanzen Schatten spenden.

Die zweite Gemeinde, die wir besuchten, nennt sich Charque und ist viel weiter entwickelt. Obwohl sie erst seit 5 Jahren existiert, betreiben die Bewohner eine effektive Landwirtschaft und profitierem von einem gut organisierten Tourismus. Eine private Reiseagentur bezahlt regelmäßig eine Zugangsgebühr an die Gemeinde.

Die Schule funktioniert seit zwei Jahren einwandfrei. Die 19 Kinder des Dorfes werden nach nationalem Standart unterrichtet, erscheinen morgens pünktlich, stellen sich in einer Reihe auf, um die Nationalhymne zu singen und begeben sich dann ins Klassenzimmer, wo sie konzentriert lernen.

Zur dritten Gemeinde waren es zwei Stunden zu Fuß oder im Auto fünf Minuten. Sie nennt sich Flores del Carmen und hat mit Tourismus nichts zu tun. Dank seiner Nähe zur Stadt ist dieses Dorf mit Leitungswasser, Duschen, Toiletten, Elektrizität und Fernsehantenne ausgestattet.

Generell habe ich mich hier nicht sehr willkommen gefühlt. Gespannt klopften wir an den Türen der Familien mit der Absicht, uns auszutauschen und uns ein wenig zu unterhalten. Allerdings konnten wir in den drei Tagen unseres Besuchs keine Beziehung mit den Dorfbewohnern aufbauen. Sie hatten auch kein Verständnis für unsere Eile und Dringlichkeit von Gesprächen.

Insgesamt war diese Reise für mich sehr bereichernd und lehrreich. Ich hoffe auf die Möglichkeit, eines Tages in den Urwald des Amazonasgebiets zurückkehren zu können. Dann möchte ich länger bleiben, um die Natur besser kenne zu lernen und mit den Menschen in nähren Kontakt zu treten.

 
   
 

Ähnliche Artikel

 
     
 
Beni - Flüsse und tropisches Steppenland
Das Departamento Beni mit der Hauptstadt Trinidad liegt im Norden Boliviens. Eine üppige Natur aus grünem Flachland und dichten...
 
 
   
 

Kommentare - Hinterlassen Sie einen Kommentar

 
     
 
01 Novembre 2010 - Domi - (Belgien)
      Merci pour ce témoignage partagé! Encore et encore de tels récits de voyage...
28 Octobre 2010 - Catherine - (Belgien)
      Un beau témoignage de prise en compte de la réalité, loin des clichés et des idéalisations "romantiques"...
C'est vrai qu'aller à la rencontre du monde et des différences en toute conscience n'est pas si simple que le laissent croire les organisations touristiques... C'est un questionnement qui devrait se trouver toujours dans notre sac à dos ou notre valise... Et à la fois, sur les routes du monde, la rencontre vraie, c'est avant tout avec soi-même.
 
 
     
     
Besuchen Sie unseren Online-Shop für bolivianisches Kunsthandwerk
www.caserita.com
 
Schreiben Sie selbst einen Beitrag über Bolivien, veröffentlichen Sie Ihre Fotos, Meinung und Erfahrungen.
Kontaktieren Sie uns
     
Caserita.infoKontakt
© Caserita Handicraft SRL